Die Flüchtlingssituation auf Nordstrand hat sich gerade bezüglich des Unterrichts entwickelt. Alle drei ehrenamtlichen Deutschlehrerinnen auf Nordstrand haben nur noch wenige Leute in ihren Lektionen. Die meisten Neubürger besuchen vormittags, ganztägig oder nachmittags Deutsch-, Integrations- oder Orientierungskurse in der Volkshochschule oder in anderen Einrichtungen in Husum. Deswegen besteht auf Nordstrand nicht mehr eine so große Nachfrage wie vorher. Die drei jungen Afghanen gehen dreimal in der Woche nachmittags nach Husum. Zweimal sind drei weitere Schüler dabei. So sind wir sechs in der ersten Gruppe und in der zweiten manchmal nur einen bis vier. Da klappt es mit den Antrittszeiten noch nicht so gut.
Als ich heute fragte:„Wer möchte mir im Garten helfen?“, versprachen die drei Afghanen zu kommen. Pünktlich um 15 Uhr standen sie vor der Tür und arbeiteten dann sehr fleißig mit Spaten, Schaufel, Hacke und Harke nach meinen Anweisungen. In der Pause bei Tee und einem großen Eisbecher kamen wir dann ins Erzählen. Ich fragte Arash (Name geändert), wie lange er denn im Iran, wohin er als erstes flüchtete, schon gearbeitet habe? „Elf Jahre“, war die Antwort. Er ist nun 25. Das bedeutet, dass er als 14-Jähriger von zu Hause weggegangen ist. Er erzählte von Polizeikontrollen, von Bestechunsgeldern, von Rückführungen und Neueinreisen. Dann zeigte Ahad (Name geändert) mir die fühlbaren Metallstücke in seinem Unterschenkel – von einer Operation – und die Bauchnarbe von einem Messerstich. Das Wort „Taliban“ fiel. Dahinter steckt eine dramatische Geschichte um Landnahme. Das sind nur zwei angedeutete Schicksale, die sehr betroffen machen.
Aber nach der Pause ging es mit lachenden Gesichtern wieder an die Arbeit. Mit einem dicken Dankeschön fuhren die Jungs gegen 18 Uhr fröhlich nach Hause.
Und über Pfingsten fahre ich nach Berlin und besuche Yashar in der Flüchtlingsunterkunft in Spandau. Wir haben uns eine Weile nicht mehr gesehen, ich freue mich riesig!