Die Veränderungen in Jessika Herrmanns Leben zu beschreiben, bedeutet auch, über sie als Person hinauszuschauen: Sie wohnt neben der Bayern-Kaserne in München, der größten Erstaufnahme-Einrichtung Bayerns – damit steht sie in unserem Projekt stellvertretend für diejenigen, die eigentlich nichts mit Flüchtlingen zu tun haben, sondern lediglich in deren Nähe wohnen. Jessika persönlich hat sich nicht großartig verändert: Sie begegnet den Flüchtlingen in ihrer Nachbarschaft weiterhin offen, hat keinerlei negative Erfahrungen gemacht, im Gespräch mit Nachbarn spielt die Asylunterkunft nebenan keine Rolle. Und gerade das ist das Interessante: Wo vor zwei Jahren noch Pegida-Anhänger gegen die Flüchtlinge in der Kaserne demonstrierten, ist das Fazit heute: Eigentlich ist alles so geblieben, wie es war. Das mag eine sehr unspektakuläre Bilanz sein, doch gerade weil es an so vielen anderen Asylunterkünften zu Übergriffen kam und immer noch kommt, zeigt Jessikas Alltag: Das muss nicht so sein. „Die Angst ist meistens unbegründet“, meint sie. Denn in vielen Fällen spürt man die Angst vor der Veränderung mehr als die Veränderung selbst.