Der Schauspieler

Ibrahim Qalla

Wenn seine Mutter aus Syrien ihm auf die Mailbox spricht, löscht Ibrahim die Nachricht, ohne sie anzuhören. Er will sie nicht hören, die Schrecken, die er selbst durchgemacht hat. Erst 20 Jahre alt, hofft er in Deutschland auf einen Neuanfang.

11. Januar 2016, 11:24 h

„Ich wünschte, ich wäre kein Araber“

11. Januar 2016, 4:00 h

„Ich bin frustriert“

Syrer Ibrahim Qalla erzählt in seiner Kolumne wie er das Leben in Deutschland in der letzten Zeit gemeistert hat.

2. Januar 2016, 4:30 h

Zwei Jahre auf der Flucht

Deutsch lernen und eine Schauspielgruppe suchen. Das sind derzeit Ibrahims Prioritäten. Vor zwei Jahren sah das noch anders aus. Schmerz, Tod und Krieg bestimmten sein Leben.

Es ist fünf Uhr morgens als Ibrahim Qalla sein Elternhaus in der syrischen Provinz Idlib verlässt. Das Einzige was der 18-Jährige mitnimmt sind seine Papiere und die Kleidung an seinem Körper. Den Entschluss seine Heimat zu verlassen, hatte Ibrahim Wochen zuvor gefasst. Ibrahim: „Es ist immer schlimmer geworden mit dem Krieg. Ich bin vor dem IS geflüchtet. Ich konnte kein normales Leben führen in Syrien.“

Zwei Jahre später sitzt Ibrahim in Berlin-Köpenick auf seinem Bett in einem Containerdorf. Das zehn Quadratmeter große Zimmer teilt er sich mit einem jungen Syrer. Ibrahims Stimme wird ganz leise, wenn er erzählt. An viele Sachen kann er sich nicht richtig erinnern, sagt er. An die Zeit vor dem Krieg kann er sich erinnern, über die Zeit an die Flucht nur lückenhaft – vielleicht weil er sie vergessen möchte.

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Es ist noch dunkel als Ibrahim sich in ein kleines Autos zwängt und zusammen mit anderen Flüchtlingen von seiner Heimat aus nach Bodrum fährt. Er erinnert sich an die Überfahrt mit einem Schiffkutter zur griechischen Insel Rhodos. „Die Überfahrt hat sieben Stunden gedauert. Wir waren 45 Leute auf dem Boot,“ flüstert Ibrahim.

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Als Ibrahim endlich auf Rhodos ankommt, geht es direkt weiter. Ibrahim: „Wir mussten uns auf einem Berg verstecken – zwei ganze Tage lang.“ Das Ziel: eine Zulassung. Diese Zulassung ist für Syrer eine sechsmonatige, erneuerbare Aufenthaltsgenehmigung für Griechenland. Mit dieser Genehmigung dürfen sie innerhalb der EU reisen. In Athen versucht Ibrahim zu anderen Arabern Kontakt aufzunehmen – sein Ziel ist Deutschland. Doch er schafft es nicht. Viele Male versucht er es zu Fuß, doch die griechische Polizei erwischt ihn und bringt ihn zurück nach Athen. So blieb er ein Jahr in Athen, sucht eine Lösung, um nach Deutschland zu kommen.

„Keiner kann sich das vorstellen, was wir durchgemacht haben,“ sagt Ibrahim. „Ich startete mit 200 anderen Flüchtlingen zusammen eine Art Revolution. Wir schliefen neben dem Parlament. Wir wollten endlich eine Zulassung haben, damit wir nach Deutschland können.“ Als das dann endlich passiert – nach zwei Jahren Flucht – fliegt er Anfang 2015 nach Hamburg. Das Geld für das Ticket schenkten ihm Freunde und Menschen, die er in Griechenland kennengelernt hatte. Ibrahim: „Als ich in Hamburg landete, wurde ich direkt mit dem Bus nach Berlin gebracht. Ich wollte unbedingt nach Berlin.“

In Berlin kommt er in die Erstaufnahme-Einrichtung Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo). Nach einer ärztlichen Untersuchung, bekommt er ein Hotelzimmer. Nach ein paar Tagen kann Ibrahim in sein aktuelles Heim in Köpenick.