Der Optimist

Hamza Mahfood

Erst beim achten Versuch gelang ihm die Überfahrt nach Europa. Hamza Mahfood will in Deutschland das Leben führen, das ihm in Syrien verwehrt bleibt. Ein Leben mit Frieden, Freiheit und Träumen.

7. Januar 2016, 11:14 h

„Bitte richtet Eure Angst nicht gegen uns!“

Hamza Mahfood ist entsetzt über die Gewalt in Köln. Er hat Angst, dass die Feindseligkeit gegenüber Flüchtlingen zunimmt und richtet einen drängenden Appell an die deutsche Gesellschaft.

Ich bin fassungslos angesichts der Gewalttaten von Köln. Ich verstehe noch kaum Deutsch, deswegen habe ich in englischsprachigen Medien nachgelesen, was passiert ist und bin einfach entsetzt. Was für ein ekelhafter Akt der Kriminalität. Wenn ich die Artikel richtig verstehe, dann werden vor allem Migranten und Flüchtlinge für die Taten verantwortlich gemacht. Aus Nordafrika, aber auch aus dem arabischen Raum. Ich gehöre nicht zu diesen Kriminellen, und dennoch schäme ich mich für sie, weil ich weiß, dass viele Deutsche mich und meine Freunde mit diesen Menschen in einen Topf werfen. Das gibt mir das Gefühl, dass ich mich für ihre Taten entschuldigen muss – obwohl ich sie selbst verabscheue und mit diesen Menschen nichts gemeinsam habe, auch wenn jemand von ihnen aus Syrien kommen sollte.

Es darf nicht sein, dass Gruppen von Migranten, von Flüchtlingen, die Sicherheit und Freiheit der deutschen Gesellschaft gefährden, deren freies Denken ich so schätzen gelernt habe. Die Täter müssen unbedingt bestraft werden! Solche Taten schüren die Angst und Vorbehalte, mit denen die Deutschen uns Flüchtlingen häufig begegnen. Ich kann diese Angst sogar verstehen. Und trotzdem möchte ich sagen: Bitte richtet sie nicht gegen uns. Gegen all die Flüchtlinge, die vor Krieg und Unterdrückung geflohen sind und in Deutschland Sicherheit und Frieden suchen. Die nur versuchen, hier zurecht zu kommen und eure Hilfe brauchen. Diese Kriminellen, die in Köln ihr Unwesen getrieben haben, gehören nicht zu uns.

Ich gehöre nicht zu diesen Kriminellen, und dennoch schäme ich mich für sie.

- Hamza Mahfood, Flüchtling aus Syrien

Ich weiß nicht, wieso sie handeln, wie sie es tun. Vielleicht fehlt ihnen die Weltoffenheit, die ich an der deutschen Gesellschaft so sehr schätze. Vielleicht ist es religiöse Verbohrtheit, die sie nicht nachdenken lässt. Vielleicht haben sie es selbst nie anders erlebt. Ich möchte nicht schönreden, dass es im arabischen Raum, aus dem ich komme, viele Probleme, viel Gewalt aus Gründen fehlender Weltoffenheit oder wegen strenger Religiösität gibt. Aber genau davor fliehen wir doch nach Europa.

Köln kenne ich nicht, aber Berlin habe ich bisher als sehr weltoffen erlebt. Die Menschen sind freundlich zu mir, lächeln mich auf der Straße an. Zu mir ist niemand unfreundlich, nur weil ich kein Deutscher bin. Doch solche Zwischenfälle wie in Köln und die mediale Thematisierung danach machen mir Angst. Davor, dass eine Wand zwischen uns entsteht – zwischen uns Flüchtlingen und der deutschen Gesellschaft. Das wäre schrecklich. Ich hoffe, dass Berlin sich nie verändern wird. Schlagt die Türen nicht zu! Hört nicht auf, mich auf den Straßen anzulächeln. Berlin ist doch nun mein Zuhause.

Protokoll von Julia Maria Grass

7. Januar 2016, 4:00 h

Glücklichsein ist nicht selbstverständlich

Hamza Mahfood will in Deutschland vor allem eins: glücklich sein. Und das vor allem für seine Eltern, die sich in Syrien täglich vor dem Krieg fürchten müssen.