Am 22. Juni 2015 hat die europaweite Flüchtlingskrise auch die Gemeinde Calden in Hessen erreicht. „Innerhalb von 48 Stunden, mussten wir am alten Flughafen ein Notfall-Zeltlager aus dem Boden stampfen”, berichtet Caldens Bürgermeister Maik Mackewitz. Auf einmal lebten bis zu 1500 Flüchtlinge aus 20 verschiedenen Nationen vor der Ortsgrenze der 3000-Seelen-Gemeinde. Und Mackewitz, der für die Zeit seines Bürgermeisteramtes beurlaubte Oberstleutnant im Generalstabsdienst, musste sich den Sorgen, Ängsten und Vorurteilen seiner Mitbürger annehmen. Calden ist eine von hunderten Kommunen in Deutschland, die sich dieser Herausforderung stellen müssen. Und Mackewitz ist sich sicher: Die Situation wird sich erst mal nicht ändern. „Ich sehe die Realitäten in Europa und in Deutschland und stelle mich darauf ein, in Calden mehrere Jahre mit dieser Einrichtung leben zu müssen”, sagt der 48-Jährige.
Mackewitz ist ein waschechter „Cällischer”. In Calden wuchs er auf, in Calden kennt er jeden – und jeder kennt die Großfamilie Mackewitz. Das Dorf, in dem sich nahezu jeder beim Vornamen kennt, liegt inmitten landschaftlicher Idylle. Nun fungiert Mackewitz für seine Mitbürger als Schnittstelle zur Erstaufnahme-Einrichtung. Seine Erfahrungen bei der Bundeswehr helfen ihm bei der Arbeit. Er fordert Informationen aus der Einrichtung an, verarbeitet sie und gibt sie weiter. Er liebt Organisation, Hierarchien und Strukturen. Als Mackewitz uns im Caldener Rathaus empfängt, bekommen wir ein Gefühl dafür, wie der Mann tickt. Bei einem Kaffee sollen wir ihm über die Abläufe der kommenden Tage berichten. Nach zwei Minuten holt er kurzerhand ein Flipchart an unseren runden Tisch und schreibt in großen Buchstaben: „Montag: Schnittbilder Rathaus.” Dieser Mann will planen, die Kontrolle behalten, dabei bleibt er freundlich und bestimmt. Mackewitz ist der Typ von nebenan – und ein Familienmensch. Zuhause könne er schnell aus der Rolle des Bürgermeisters schlüpfen, sagt er. „Meine Familie musste sich erstmal daran gewöhnen, dass ich jetzt jeden Tag daheim bin. Während meiner Bundeswehrzeit war ich es nur am Wochenende.“ Seine beiden Söhne begleitet er auf den Fußballplatz, seine Töchter besucht er beim Tanzen oder beim Handball. Mackewitz selbst ist bekennender Fan von Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach, geht gerne joggen, schwimmen oder stemmt Gewichte.
Stemmen muss er auch die zukünftigen Herausforderungen in Calden. Zum Jahresende lebten etwa 900 Flüchtlinge in der Erstaufnahme-Einrichtung. Doch Mackewitz rechnet damit, dass die Anzahl der Flüchtlinge 2016 erneut auf 1500 ansteigen wird. „Daher muss die Einrichtung zu einer sich selbst tragenden, autarken Organisation aufgebaut werden. Mit Beschäftigungsmöglichkeiten wie Sport, Kultur und Kinderbetreuung. So, dass Menschen in einer guten Wohnsituation, gut organisiert in unser Gesellschaftssystem eingegliedert werden können.” Derzeit laufen erste Gespräche über den Bau eines Skateboardparks in einer leerstehenden Halle am Flughafen. Mackewitz, der sich sonst aus den Angelegenheiten innerhalb der Einrichtung zurückhält, ist Feuer und Flamme für das Projekt. „Da mache ich mich jetzt ran”, sagt er. Für Schaffen wir das? werden wir die Entwicklung dieser Gemeinde und ihres Bürgermeisters begleiten.