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13. Oktober 2016, 11:30 h

Rechte Hetze gegen die Super-Oma: Wie wir mit den Anfeindungen gegen unsere Protagonistin umgehen

Ein verunglimpfendes Video mit Angriffen auf Anneline Kleeberg ist auf Youtube aufgetaucht. Digitale Gewalt ist neu für die Super-Oma.

Die Flüchtlingsdebatte in Deutschland wird auf allen Ebenen geführt – leider nicht nur seriös. Die Reporter unseres 365-Tage-Langzeitprojekts „Schaffen wir das?“, für das wir zehn Menschen aus der Mitte der Flüchtlingskrise ein Jahr lang begleiten, sind jetzt auf ein hässliches Video gestoßen. Darin wird unsere Protagonistin Anneline Kleeberg („Die Super-Oma“) massiv diffamiert und beleidigt.

In der geschützten Anonymität der Videoplattform Youtube hat ein Nutzer einen Film mit Sequenzen aus unseren Projektfilmen hochgeladen. Mit verunglimpfenden, teilweise höhnischen Kommentaren. Ohne uns, die rechtmäßigen Inhaber der Bilder, um Erlaubnis zu fragen. Ohne sein Gesicht, seine Identität zu zeigen.

Das ist feige, nicht nur gegenüber uns, die wir uns so nicht mit ihm auseinandersetzen können. Vor allem ist es verletzend für Anneline Kleeberg, die persönlich angegriffen wird und den Hohn und die Wut, die man ihr dort entgegenbringt, nicht verstehen kann. Die 80-Jährige ist technisch gut ausgerüstet, sie schreibt E-Mails und SMS, ihren Laptop nennt sie liebevoll „Klapprechner“. Aber Kleeberg versteht nicht, was Online-Trolle tun. Digitale Gewalt ist neu für sie. Und das ist ein Grund, warum wir es trotz aller gebotener journalistischer Distanz als unsere Pflicht ansehen, sie zu schützen.

Als Kleeberg das Video sah, war sie schockiert. Sie versteht nicht, warum sie von Menschen angegriffen wird, die sie und Ihre Arbeit nicht kennen. „Die Bilder haben mich getroffen“, sagt Kleeberg.

Fakt ist: Unser Filmmaterial wird in dem hetzerischen Video falsch interpretiert und aus dem Kontext gerissen. Ob aus Absicht oder mangelnder Intelligenz, sei dahingestellt. Die Diskussionen um Preis, Marke und Qualität beim Kleiderkauf, die jede Mutter von Jugendlichen im Teenager-Alter kennt, nimmt der Verfasser des Films zum Anlass, um zu propagieren, die Flüchtlinge würden Kleeberg ausnutzen. Das ist nachweislich Unfug. Offenbar hat der Autor auch keine Kenntnis der US-amerikanischen Shoppingtradition „Black Friday“, er reagiert darauf lediglich mit rassistischen Sprüchen. Genauso, wie es inzwischen viele Kommentare unter dem Video tun.

Er weiß nicht, wie streng die „Super-Oma“ bisweilen mit ihren Schützlingen umgeht. Wie sie penibel Buch führt über Auslagen, die sie für die Flüchtlinge macht. Wie sich Anneline Kleeberg unermüdlich auch erzieherisch einsetzt und ständig wiederholt: „Man muss mit den Menschen Zeit verbringen, das ist mehr wert, als sie mit Gütern zu überhäufen.“

Wir, die Reporter von Team 18 der Axel Springer Akademie, werden entschieden gegen die Anfeindungen vorgehen. Wir werden alle notwendigen Schritte einleiten, damit das Video aus dem Netz genommen wird, und prüfen derzeit rechtliche Schritte gegen den Verfasser. Viel wichtiger aber: Wir unterstützen Anneline Kleeberg mit vereinten Kräften. Damit sie weiterhin das machen kann, was sie sich zur Lebensaufgabe gemacht hat: Anderen zu helfen. „Ich mache weiter wie bisher“, verspricht die 80-Jährige. „Ich lasse mich davon nicht unterkriegen.“

 

 

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